Über Vanessa Heuten

Vanessa Heuten, online auch bekannt als Valeyla Sol, ist die Autorin des Buchs „Digital Illustrieren mit CLIP STUDIO PAINT PRO“ und derzeit Artdirector in einer Düsseldorfer Medienagentur. Ihre Begeisterung für das Geschichtenerzählen mit Farben und Figuren, hat sie schon früh entdeckt und absolvierte 2011 ihr Design-Studium in Dortmund. Seitdem war sie nicht nur als Workshopleiterin in Schulen unterwegs, sondern hat auch unter anderem die Key-Visuals für Grafiktablett-Hersteller Wacom gezeichnet.

 

Digital Illustrieren mit CLIP STUDIO PAINT PRO

Die deutsche Künstlerin Vanessa Heuten hat ein Buch erstellt und veröffentlicht, in dem sie ihre Verwendung von Clip Studio Paint erläutert und sich auch mit der allgemeinen Verwendung verschiedener Funktionen befasst. In diesem Auszug beschreibt sie praktische Funktionen und Methoden zum Erstellen von Linienzeichnungen sowie dem Kolorieren von 2D-Zeichnungen.

 

QUICK-START

Ein kurzes Tutorial für Einsteiger!

 

Dieses Quick-Start Kapitel vermittelt in Form einer unkomplizierten Schritt-für-Schritt Anleitung einen ersten Einblick in die Welt des digitalen Zeichnens. Es sind keine Vorkenntnisse nötig. Einfach den Computer einschalten und mitmachen! Als Grundlage für die folgende Sequenz dienen ein Desktop-PC mit Grafiktablett und die Software Clip Studio Paint PRO.

 

1 Das Programm öffnen und die Arbeitsfläche einrichten.

 

2 Als nächstes auf das Pen-Symbol am linken Bildschirmrand klicken. Dieses sieht aus, wie eine kleine Schreibfeder.

 

3 Oben links erscheint jetzt eine Auswahl verschiedener Federn. Von diesen den obersten mit der Bezeichnung G-Pen anklicken. Jetzt lassen sich erste Striche auf die weiße Fläche zeichnen. Hier ist es empfehlenswert, zunächst einmal mit lockeren Strichen ein paar einfache Formen zu zeichnen, um ein Gefühl für den Umgang mit dem Grafiktablett zu bekommen. Anders als beispielsweise bei einem Touch-Pad, bildet das Grafiktablett die Fläche des Monitors vollständig ab. Das Tablett erkennt den digitalen Zeichenstift dabei bereits, wenn dieser etwa zwei Zentimeter über die Sensorfläche gehalten wird. Der Cursor springt dann sofort zur entsprechenden Stelle.

Ein Gefühl für die Handhabung zu entwickeln, erfordert anfangs ein wenig Übung. Ebenso wie der Vorgang, mit der Hand auf dem Grafiktablett zu zeichnen, dabei aber nicht nach unten, sondern geradeaus auf den Bildschirm zu schauen (falls auf einem Tablett ohne Monitor gearbeitet wird).

 

INFO: Es geht in den ersten vier Schritten dieses Tutorials noch nicht darum, ein fertiges Bild zu zeichnen, sondern lediglich ein wenig auszuprobieren. Nach Belieben können aus dem Fenster oben links auch weitere Federn (Echter G-Pen, Mapping Pen, Kalligraphie, etc.) angewählt und getestet werden, um deren Eigenschaften kennenzulernen.

 

4 Um eine gezeichnete Linie wieder wegzuradieren, gibt es zwei Möglichkeiten:

Einige digitale Zeichenstifte lassen sich ganz einfach umdrehen. Das Programm erkennt dann automatisch das Eraser-/Radiergummi-Tool. Besitzt der beim Grafiktablett mitgelieferte Stift diese Option nicht, lässt sich das Radiergummi-Tool auch manuell anwählen.

 

5 Als nächstes ein kleines, einfaches Motiv zeichnen. Es reicht völlig, wenn es sich bei diesem Schritt noch um eine Skizze handelt. Die Linien müssen nicht sauber ausgearbeitet sein.

 

6 Rechts unten am Bildschirm ist das Ebenen-Fenster zu sehen. Dieses sollte derzeit so aussehen.

 

7 Als nächstes den Deckkraftregler auf 20% schieben. Die Skizze auf dem weißen Blatt sollte nun verblassen.

 

8 Für die Reinzeichnung der Skizze wird jetzt eine neue Ebene angelegt. Dies geschieht ganz einfach mit einem Klick auf das weiße Blatt oben mittig im Ebenen-Fenster. Bei der neuen Ebene sollte der Deckkraftregler wieder auf 100% stehen.

Nun hat die Datei eine Ebene mehr. Ob eine Ebene angewählt ist, lässt sich daran erkennen, dass sie blau unterlegt ist.

 

Die Ebenen lassen sich mit Klarsichtfolien vergleichen, von denen beliebig viele übereinander geschichtet und bearbeitet werden können. Für jede einzelne Ebene lassen sich unterschiedliche Eigenschaften festlegen.

 

9 Nun erfolgt die Reinzeichnung der Skizze auf der neu angelegten Ebene. Dazu wieder links auf das Pen-Tool klicken, anschließend im Federn-Fenster auf den G-Pen. Mit diesem wird auf der neuen Ebene die Reinzeichnung der Skizze angefertigt. Auch hier ist es nicht notwendig, dass alles direkt perfekt aussieht. Korrekturen können auch später jederzeit vorgenommen werden: Einer der vielen Vorteile des digitalen Zeichnens!

 

10 Sobald die Reinzeichnung fertiggestellt ist, im Ebenen-Fenster wieder die blasse Skizzen-Ebene anwählen. Mit einem Klick auf das Auge lässt sich diese nun ausblenden, oder, mit einem Klick auf das Mülltonnen-Symbol, komplett löschen.

 

11 Bald kommt Farbe ins Spiel! Zu diesem Zweck nochmals eine neue Ebene erstellen, und zwar wieder per Klick auf das weiße Blatt oben mittig im Ebenen-Fenster.

 

12 Die Reihenfolge der Ebenen lässt sich leicht verändern, indem man eine Ebene anwählt, gedrückt hält und ein Stück nach oben oder unten zieht. Die neu erstellte Ebene jetzt eine Position nach unten ziehen (Drag and Drop).

13 Die Reinzeichnung sollte sich nun ganz oben im Ebenen-Fenster befinden, die leere Ebene direkt darunter, und zuletzt die Ebene mit dem weißen Hintergrund und der Bezeichnung Papier. Wurde die Ebene mit der Skizze nicht gelöscht, sondern nur ausgeblendet, kann diese einfach an vorletzter Stelle der Reihenfolge verbleiben.

 

Anschließend sicherstellen, dass die unter Punkt 11 erstellte und noch leere Ebene, im Beispiel als Ebene 3 bezeichnet, ausgewählt ist.

 

14 Als nächstes aus der Toolleiste links den Brush auswählen. Auch hier erscheint im nebenstehenden Fenster eine Auswahl verschiedener Spitzen mit verschiedenen Eigenschaften.

 

15 Im Farbrad unten links lassen sich jetzt verschiedene Farben auswählen. Hier können zwei Regler verschoben werden: Als erstes kann im äußeren Ring eine Farbe ausgewählt werden, indem der kleine weiße Kasten bewegt wird. Hier wird die Grundfarbe bestimmt.

Anschließend lässt sich im mittigen Quadrat durch das Bewegen des kleinen Kreises die Helligkeit und die Sättigung der Farbe festlegen.

 

16 Nun kann die Reinzeichnung koloriert werden. Dadurch, dass sich das Lineart auf der obersten Ebene befindet, ist es unmöglich, über die schwarzen Linien zu malen. Durch den Einsatz verschiedener Brush-Spitzen, aus dem Auswahlfenster oben links, lassen sich lebendige Effekte erzielen. Hier heißt es: Ausprobieren!

 

Gerade beim Umstieg von traditionellen Medien auf digitale Techniken dauert es manchmal eine Weile, bis man einen eigenen Stil etablieren kann. Übung macht den Meister.

 

TIPP: Über die Tatstatur lassen sich viele Aktionen schneller ausführen, als am Bildschirm mit der Maus. Ein Shortcut ist ein Tastaturkürzel, welches dieselbe Funktion übernimmt, wie der Klick auf ein bestimmtes Icon. Nicht für alle Befehle von Clip Studio Paint existieren solche Shortcuts. In diesem Buch werden, wenn vorhanden, die Shortcut- Tastenkombinationen für Windows und macOS genannt. Über den Hauptmenüpfad Datei > Tastaturbefehlseinstellungen (beim iPad anstatt auf Datei auf das Clip Studio Paint-Symbol oben links klicken, beim Mac auf den Schriftzug Clip Studio Paint oben links) lassen sich auch individuelle Shortcuts in Clip Studio Paint festlegen.

 

 

 

PROFI-TIPP: Durch drücken der ALT-Taste auf der Tastatur des Computers lässt sich in den meisten Fällen ebenfalls das Pipetten-Tool (Eyedropper/Pipette) auswählen. Die Stifte einiger Grafiktabletts besitzen zudem zusätzlich individuell belegbare Tasten. Eine dieser Tasten mit der Pipetten-Funktion (ALT-Taste) zu belegen, ist grundsätzlich sehr nützlich, vor allem wenn nicht am Desktop-PC gearbeitet wird.

 

2D-ILLUSTRATION

Die Technik der 2D-Koloration ist ein weiterer wichtiger Bereich des digitalen Gestaltens. Bei dieser Art der Illustration, die ihren Ursprung im Animationsbereich hat, wird, im Gegensatz zum klassischen Digital Painting, bewusst auf das Schaffen von Dreidimensionalität verzichtet.

Sichtbare Linien werden auf ein Minimum reduziert. Die Figur wird aus unterschiedlich geformten Flächen zusammengesetzt, die später gezielt mit Effekten versehen werden, sodass häufig auch der Eindruck einer Collage entsteht.

 

1 Wie auch bei allen anderen digitalen Illustrationen wird zunächst eine Skizze angefertigt. Schon hier ist es von Vorteil, sich darüber klar zu werden, auf welche Art und Weise das Motiv in einzelne Flächenelemente unterteilt werden kann.

In diesem Fall sind dies die Flosse, Oberkörper, Gesicht und Haar. Auch ein Farbschema sollte an dieser Stelle entwickelt werden.

 

2 Das Lineart wird in der Hierarchie des Ebenenfensters ganz nach oben gezogen oder auf eine Deckkraft von 10% eingestellt.

 

Direkt darunter wird eine neue Ebene gesetzt, auf welcher die erste Fläche mithilfe des Pen-Tools mit derselben Farbe umrandet wird, mit der sie auch gefüllt werden soll. Hier ist es wichtig, im Tooleigenschaften-Fenster des Fülleimers die Flächengröße auf einen Wert von 12 zu stellen. Nach dem Füllen verschmelzen die Umrandung und Füllung so zu einer gleichmäßigen Fläche.

 

3 Als nächstes werden, nach Anklicken der Option Transparente Pixel sperren im Ebenenfenster, die ersten groben Schattierungen gesetzt. Dies kann mit einem weichen Pinsel oder mit dem Airbrush-Tool geschehen. Hier ist eine leichte, angedeutete Farbgebung völlig ausreichend. Da die Figur auch später kaum Konturen erhält, wird durch das Wechselspiel von hellen und dunklen Bereichen Dynamik erzeugt.

 

4 Nach dem Erstellen einer neuen Ebene, die direkt über die hautfarbene Basis gesetzt wird, können nun einige Details, wie das Kinn und die Ohren, angedeutet werden. Auch die Form der Augen wird mit dem Pen-Tool und der Farbe Weiß aufgemalt.

 

5 Nun folgt die Ausgestaltung des Bikinis. Auch dieser wird auf einer separaten Ebene angelegt, umrandet und mit einer Farbe gefüllt. Auf einer weiteren Ebene darüber folgt, nach Aktivieren des Icons Transparente Pixel sperren, die mit dem Airbrush-Tool aufgemalte Schattierung. Zuletzt können noch ein paar Linien als Struktur eingezeichnet werden. Liegen diese auf einer eigenen Ebene, kann mit Schnittmaske zur Ebene darunter vermieden werden, dass hier über den Rand der Grundform hinaus gezeichnet wird.

 

6 Beim Zeichnen der Augen und Augenbrauen, die wiederum auf einer neuen Ebene angelegt werden, kann auch mit sehr simplen Formen und Pinselstrichen gearbeitet werden. Zuerst wird die Grundform von Iris und Pupille mit dem Figure-Tool erstellt und anschließend schattiert. Alle übrigen Details werden mit dem Pen-Tool eingezeichnet. Zum Schluss werden die Glanzlichter ergänzt.

 

7 Als nächstes werden auf einer neuen Ebene die Haare aufgemalt. Kontur und Füllung haben auch hier dieselbe Farbe.

 

8 Eine neue Ebene wird erstellt und, mithilfe der Funktion Schnittmaske zur Ebene darunter, mit dem Airbursh-Tool oder dem Watercolor/Wasserfarbe Sub-Tool erste Schattierungen aufgemalt.

 

9 Mit dem Pen-Tool werden dann, ebenfalls auf einer neuen Ebene, einzelne Strähnen und Glanzlichter hinzugefügt.

 

10 Die Flosse wird auf dieselbe Art und Weise erstellt, wie die anderen Bildelemente zuvor: Erst die Grundform, dann die Schattierungen und zum Schluss die Details – alles je auf einer separaten Ebene.

 

11 Um auch den Hintergrund noch etwas interessanter zu machen wurden mithilfe des Figure-Tools drei verschieden große Kreise basierend auf der ursprünglichen Farbpalette erstellt.

Jeder Kreis befindet sich auf einer eigenen Ebene, die Füllmethode ist bei allen drei Multiplizieren.

 

12 Ganz zum Schluss wurde über das Hauptmenü Ebene > Neue Korrekturebene > Verlaufsumsetzung der Standard-Farbverlauf Sunset (purple)/Sonnenuntergang (lila) über das Bild gelegt. Die Deckkraft der Verlaufsebene, die sich in der Hierarchie im Ebenenfenster ganz oben befindet, wurde auf 20% eingestellt. So wirkt der Verlauf nur wie ein leichter Filter und lässt die verwendeten Farben noch etwas harmonischer wirken.

 

TIPP: Um die Übersicht bei den vielen Ebenen nicht zu verlieren, lässt sich sehr gut die Ordner-Funktion des Ebenenfensters einsetzen. Oberkörper, Kopf, Haare und Flosse können so thematisch gruppiert und später leichter bearbeitet werden.

 

• Dieses Tutorial ist ein Auszug aus dem genannten Buch, welches auch andere Funktionen von Clip Studio Paint ausführlich beschreibt.

 

Projekt VielSeitig

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