Grundlagen des Inbetweening

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ClipStudioOfficial

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Animation: Bilder, die zum Leben erweckt werden

 

Animationen werden erzeugt, indem minimal voneinander abweichende Bilder in schneller Folge nacheinander abgespielt werden. Dadurch scheint es so, als ob sich die Bilder bewegen. Mit CLIP STUDIO PAINT können Sie ganz leicht eine Animation erstellen.

 

Für Anfänger wird es zunächst schwierig sein, komplexere Bilder zu animieren. Wenn Sie gerade erst mit dem Animieren anfangen, sollten Sie zuerst die grundlegenden Techniken beim Erstellen bewegter Bilder lernen.

In dieser Lektion stellen wir die professionelle Vorgehensweise für das Erstellen von Animationen vor und erklären dabei ausführlich die Grundlagen.

 

[1] Pose-to-Pose

Eine der verbreitesten Methoden beim Erstellen von Animationen ist das sogenannte „Pose-to-Pose“.

Hierbei werden als Erstes die wichtigsten Posen einer Bewegung gezeichnet und danach erst die Zwischenbilder („Inbetweens“) erstellt und hinzugefügt.

 

 

 

Keyframe

 

Die wichtigsten Posen, die zuerst gezeichnet werden, werden in der Animationsproduktion „Keyframes“ genannt.

In dem oberen Beispiel wurden für eine Bewegung drei Keyframes erstellt.

 

 

 

Inbetween

 

Nachdem die Keyframes erstellt wurden, werden die Bilder dazwischen gezeichnet, die den Übergang zwischen den verschiedenen Posen darstellen. Dies ist notwendig, um am Ende eine flüssige Bewegung zu erzeugen. Diesen Arbeitsprozess nennt man „Inbetweening“ und die Zwischenbilder heißen „Inbetweens“.

Wir werden das Inbetweening im Abschnitt [3] näher erläutern.

 

[2] Bewegungsprinzipien

Um glaubhafte Bewegungen zu erzeugen, ist es wichtig zu verstehen, wie physische Bewegungsabläufe funktionieren. Besonders wenn Sie Keyframes in der Animationsproduktion verwenden wollen, sollten Sie sich zuerst ein gewisses Verständnis über die Bewegungsgesetze aneignen.

 

Verwenden Sie die folgenden Grundprinzipien als Anhaltspunkt.

 

 

 

Follow Through (weiterführende Bewegung)

 

Den Begriff „Follow Through“ verwendet man für Bewegungen, bei der die Bewegung zugehöriger Extremitäten zeitversetzt zu der eigentlichen Bewegung des Hauptobjekts erfolgt.

Wie hier zu sehen ist, schießt der Büschel (Extremität) über den Endpunkt der eigentlichen Bewegung des Stabs (Hauptobjekt) hinaus. Er fällt erst zurück in seine Ruheposition, nachdem das Hauptobjekt schon stillsteht.

 

Bei der Animation kann durch die Festlegung verschiedener Timings und Formen, die Beschaffenheit oder das Gewicht eines Objekts ausgedrückt werden. Verwenden Sie das „Follow Through“ Prinzip beim Animieren von langen Haaren oder Stoffen.

 

 

 

Anticipation (Ausholen oder Vorwegnehmen)

 

Angenommen wir wollen einen Sprung animieren. Bevor ein Mensch springt, wird er davor zuerst leicht in die Knie gehen. Für solche Bewegungen, die vor der eigentlichen Hauptbewegung stattfinden, verwendet man den Begriff „Anticipation“.

 

Beobachten Sie hierfür sorgfältig den genauen Ablauf einer Bewegung. Große oder schnelle Bewegungen werden fast immer von einer vorbereitenden Bewegung eingeleitet. Achten Sie in solchen Fällen daher besonders auf das „Anticipation“ Prinzip.

 

 

 

Slow-out/Slow-in (Beschleunigung und Abbremsung)

 

Dieses Prinzip beschreibt Bewegungen, die langsam beginnen („Slow-out“), dann beschleunigen und zum Ende hin wieder langsam werden („Slow-in“). Für langsame Bewegungen ist der Abstand zwischen den einzelnen Frames geringer, während bei schnellen Bewegungen das Gegenteil der Fall ist.

Durch die Berücksichtigung des „Slow-out/Slow-in“ Prinzips können Bewegungsabläufe animiert werden, die realistisch und natürlich wirken. Wenn Sie es richtig einsetzen, können Sie damit auch Anime-typische, übertrieben wirkende Geschwindigkeiten animieren.

 

[3] Inbetweening

Um eine flüssige Bewegung darzustellen, reicht es nicht aus, nur die Keyframes aneinanderzureihen.

 

Nach Fertigstellung der Keyframes wird eine Animationsspur erstellt. Dann werden die Inbetweens mit den Zwischenphasen der Posen gezeichnet und zwischen die Keyframes eingefügt. Dadurch werden dynamische Übergänge zwischen den Posen generiert und flüssige Bewegungen animiert. Das Zeichnen und Einfügen der Inbetweens wird als „Inbetweening“ bezeichnet.

Hinweis: Die oben beschriebene Vorgehensweise wird in der traditionellen Animationsproduktion angewandt und wird sich voraussichtlich mit der Fortschreitung der Digitalisierung verändern.

 

[4] Techniken beim Inbetweening

Ein gutes Inbetweening ist entscheidend für die Qualität der fertigen Animation. Viele denken irrtümlicherweise, dass das Inbetweening nicht schwer sein kann, da die Keyframes mit den Schlüsselposen ja bereits feststehen.

Tatsächlich muss beim Inbetweening aber mit größter Sorgfalt gearbeitet werden, da schon der kleinste Fehler zu abgehackten Bewegungen führen kann. Die Qualität der fertigen Animation ist daher stark von diesem Arbeitsschritt abhängig.

 

Verwenden Sie die im Folgenden vorgestellten Techniken, um fehlerlos und effizient flüssige Bewegungen zu animieren.

 

 

 

Bewegungsbögen

 

Der Bewegungsbogen ist eine Linie, die den Bewegungspfad einer Bewegung abbildet. Darauf befinden sich Punkte, welche die einzelnen Positionen der Frames darstellen und verbunden die Bewegungsbahn bilden.

In der Animationsproduktion ist es unerlässlich, sich auch die Bewegung vorzustellen, die zwischen den Keyframes stattfindet. Hierfür wird der Bewegungsbogen gezeichnet.

 

 

 

Shift & Trace

 

„Shift & Trace“ ist eine Technik, bei der für das Zeichnen der Inbetweens zunächst die Keyframes übereinandergelegt werden. In diesem Zustand ist es einfacher, die Position der Inbetweens korrekt zu bestimmen und zu zeichnen.

 

Vorgehensweise beim „Shift and Trace“

 

1. Wir werden diese beiden Bilder als Keyframes verwenden.

 

2. Zuerst werden die beiden Keyframes übereinandergelegt. Im Inbetween sollte sich das Gesicht dann ungefähr in dem hier rot umkreisten Bereich befinden.

 

3. Um die Position des Gesichts im Inbetween genauer festzulegen, zeichnen wir den Bewegungsbogen und bestimmen den Mittelpunkt. Hier haben wir die Bewegungsbahn für das Kinn gezeichnet.

 

4. Beide Keyframes werden so verschoben, dass das Kinn beider Bilder auf dem zuvor bestimmten Mittelpunkt liegt. Die zwei übereinanderliegenden Gesichter werden dann als Anhaltspunkt zum Zeichnen des Inbetweens verwendet.

 

5. Dies ist das fertig gezeichnete Gesicht des Inbetweens. Genau wie in unserem Beispiel werden bei der „Shift & Trace“ Methode Keyframes übereinandergelegt, um sie beim Zeichnen der Inbetweens als Bezugspunkt zu verwenden.

 

 

 

Reihenfolge beim Inbetweening

 

Wenn drei Inbetweens zwischen zwei Keyframes hinzufügt werden sollen, wird zuerst das Inbetween in der Mitte gezeichnet. Wir werden die Reihenfolge beim Inbetweening anhand des folgenden Beispiels erklären.

 

1. Zuerst zeichnen wir das Inbetween (3), da es sich in der Mitte der beiden Keyframes (1) und (5) befindet.

 

2. Als Nächstes zeichnen wir, zwischen Keyframe (1) und Inbetween (3), das Inbetween (2).

 

3. Zum Schluss zeichnen wir, zwischen Inbetween (3) und Keyframe (5), das Inbetween (4).

 

4. So sieht unser fertiges Ergebnis aus.

 

Ein paar Schlussworte

Animationsdesigner ist genauso ein „Zeichenjob“, wie Manga- und Comiczeichner oder Illustrator. Der Unterschied ist aber, dass Animationsdesigner sich keine Storys ausdenken, wie Manga- oder Comiczeichner. Sie führen auch nicht, wie Illustratoren, den ganzen Prozess vom Design bis zur Fertigstellung alleine durch.

Was ein Animationsdesigner „denkt“ und „entwirft“ ist Zeit: Welche Pose er mit welcher Pose verbindet. Wie viele Frames und wie viele Inbetweens es geben sollte. Welches Timing zu verwenden ist. Ein Animationsdesigner muss all diese Dinge festlegen, während er in Einheiten von Millimetern oder 1/24 Sekunden arbeitet.

Aber egal ob Profi oder Anfänger, wenn es um den grundlegenden Drang und die Freude geht, Bilder zum Leben zu erwecken, sind wir alle gleich! Die Fortschritte und Weiterentwicklungen von digitaler Zeichensoftware werden in Zukunft für die Animationsproduktion sicher noch viele Möglichkeiten und Türen öffnen - wahrscheinlich sogar mehr als beim digitalen Zeichnen mit Stiften und Pinseln.

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